„Voraussetzung für Gleichberechtigung“

100 Jahre Wahlrecht für Frauen: Gut 20 Zuhörer bei Referat der Grünen über Gleichstellung

Bretten. „Mit höherer Schulbildung sind Mädchen überfordert, auch büßen sie dadurch ihre Weiblichkeit ein.“ Kritiker befürchteten das Schlimmste, als das erste deutsche Gymnasium
für Mädchen 1893 in Karlsruhe eröffnete. Jedoch: Knapp 130 Jahre später sehen Frauen noch immer aus wie Frauen, und auch das Lernen von Mathe, Geografie oder Latein stecken
die meisten Gymnasiastinnen ganz gut weg. Höhere Schulbildung für Mädchen ist heutzutage genauso selbstverständlich wie für Jungen. Sind Männer und Frauen in unserer
Gesellschaft also gleichberechtigt?
Über die Frage „Frauen, Feminismus, Gleichstellung – Wo stehen wir heute?“ referierte Eva Zimmermann von den Grünen aus Kraichtal vor gut 20 – übrigens auch einigen männlichen
– Zuhörern im VHS-Saal in Bretten. Als Datum wählte Zimmermann das Jubiläum „100 Jahre Frauenwahlrecht in Deutschland“. Eingangs stießen die Gästen auf die Verkündung des
Wahlrechts am 12. November 1918 mit einem Glas Sekt an.
Zimmermann bittet die Anwesenden, die aktuelle Lage im Land mithilfe von roten und grünen Karten zu beurteilen. Bei den Fragen „Glauben Sie, dass Frauen und Männer
gleichberechtigt sind?“ und „Haben es junge Frauen heute einfacher?“ ergibt sich noch ein durchwachsenes Stimmungsbild. Ausschließlich Rote Karten zeigen die Zuhörer jedoch, als
die Referentin wissen will, ob Deutschland wohl an der Spitze der Gleichberechtigung liege.
Vom Verbot zur Aufnahme von Frauen in politischen Vereinen über das Wahlrecht bis hin zur Anti-Babypille und dem Frauenanteil im Parlament heute beschreibt Zimmermann den
Weg der Emanzipation.
Immer wieder kommt zustimmendes Gemurmel oder heftiges Nicken von den Zuhörern, etwa bei Zimmermanns Aussage, „alle 28 Mitgliedsstaaten der EU haben noch einiges für die
Gleichberechtigung zu tun“. Empörung und Wörter wie „Frechheit“ sind hingegen zu hören, als die Grüne darüber informiert, dass Frauen im Durchschnitt noch immer deutlich
weniger verdienten als Männer.
Im Anschluss an den Vortrag entwickelt sich eine rege Diskussion. So bezeichnet Grünen-Stadträtin Ute Kratzmeier das Wahlrecht für Frauen als „ganz entscheidend“. „Das war eine
notwendige, vielleicht nicht hinreichende Voraussetzung für Gleichberechtigung.“ Andere Besucher bestätigen dies, wünschen sich aber zugleich noch mehr politisch aktive Frauen.
„Man sollte junge Frauen ermutigen, sich auf die Liste setzen zu lassen für die Arbeit im Stadtrat oder im Landtag.“ Landtagsabgeordnete Andrea Schwarz (Die Grünen) sieht dies
genauso. „Wir Frauen sind in sämtlichen Gremien unterrepräsentiert, das finde ich einfach unterirdisch. Das Ziel ist politische Parität.“
Otto Mansdörfer sagt, darüber könne er „etwas Gutes berichten“. Demnach würden bei ihm im Kreistag acht Frauen und nur drei Männer sitzen. „Ich bin einer davon und fühle mich
pudelwohl“, so der Sprecher der Grünen in Bretten. Ein anderer männlicher Gast stellt die These auf, „wir hätten eine friedlichere Welt, wenn mehr Frauen in solchen Positionen
wären“. Dem allerdings widerspricht Kratzmeier. „Wir Frauen sind keine besseren Menschen.“
Ein Besucher wendet ein, es würde nur „an den Symptomen herumgedoktert“. „Die Parität müsste so selbstverständlich sein, dass das Geschlecht überhaupt keine Rolle spielt.“
Parität ist auch für Schwarz das große Ziel. „Wir haben gesellschaftliche Tendenzen, die Frauen in ganz anderen Rollen zu sehen“, sagt sie. Aus diesem Grund müsse „man achtsam
sein“.

Quelle: Badische Neueste Nachrichten | Brettener Nachrichten | BRETTEN | 14.11.2018 | Autorin: Catrin Dederichs

Die grüne Landtagsabgeordnete Andrea Schwarz spricht über die große Bedeutung der Einführung des Frauenwahlrechts vor 100 Jahren. Interessiert lauschen die Zuhörerinnen und Zuhörer der Landtagsabgeordneten Andrea Schwarz. Die Referentin Eva Zimmermann beschreibt den Weg zur Emanzipation - vom Verbot zur Aufnahme von Frauen in politischen Vereinen über das Wahlrecht bis hin zur Anti-Babypille und dem Frauenanteil im Parlament heute.