Antrag: Belastung des Rettungsdiensts im Hitzesommer 2022

Der vergangene Sommer war für den ohnehin stark belasteten Rettungsdienst eine besondere Herausforderung: nicht nur die Hitze machte den Patientinnen und Patienten und auch den Einsatzkräften zu schaffen, die Sommer-Welle der Corona-Pandemie verschärfte die Lage zusätzlich. Andrea Schwarz, Sprecherin für Bevölkerungsschutz hat daher zusammen mit dem Arbeitskreis Innenpolitik der Fraktion GRÜNE eine Anfrage an das Innenministerium gestellt. 

Die Antwort des Innenministerium bestätigt die Tendenz, dass der Rettungsdienst u.a. durch eine steigende Zahl von Einsätzen zunehmend belastet ist. Deshalb muss das System Rettungsdienst weiterentwickelt und offener gestaltet werden.

Andrea Schwarz hierzu: „Die Gründe für diese steigenden Einsatzzahlen sind vielschichtig. Von Rettungskräften erfahre ich oft, dass vor allem jene Einsätze zunehmen, für der Rettungsdienst eigentlich gar nicht zuständig ist – weil es sich nicht um einen Notfall handelt oder weil kein Transport ins Krankenhaus angezeigt ist. Sie berichten mir außerdem, dass sie die veränderten Bedingungen vor Ort wie eine schlechtere hausärztliche Versorgung oder ein fehlendes soziales Umfeld als eine wichtige Ursache für die Zunahme der Einsatzzahlen sehen.“Andrea Schwarz weiter: „Wir Grüne hoffen, dass die Landesregierung in diesem Jahr einen ersten Entwurf zur geplanten Novelle des Rettungsdienstgesetzes vorlegt. Sie muss die gesamte präklinische Notfallversorgung in den Blick nehmen und den Rettungsdienst weiterentwickeln und offener gestalten. Dazu gehört zum einen, dass die Disposition des Rettungsdienstes und des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes wieder zusammengelegt werden. Zum anderen braucht es Ressourcen speziell für niederschwelliger Einsätze, zum Beispiel die Einführung von Notfall-Krankenwagen oder Gemeinde-Notfallsanitäter.“ Beide Optionen werden in Deutschland bereits in Modellprojekten erprobt. 

Dazu Andrea Schwarz: „Gemeindenotfallsanitäterinnen und -sanitäter werden in Fällen aktiv, in denen kein Transport in eine Klinik oder notärztliche Hilfe notwendig ist – und in denen gleichzeitig keine Hausärztin oder der Pflegedienst einspringen kann. Anlass für solche Einsätze könnten zum Beispiel ein verstopfter Urin-Katheter oder Unwohlsein bei Blutdruckschwankungen sein. Patientinnen und Patienten erhalten so auch bei weniger schweren Erkrankungen adäquate Hilfe, die Notaufnahmen und die notfallmedizinisch hochausgerüsteten Rettungsdienste entlastet. “Hintergrund dazu ist, dass nach aktuellem Stand die Disponentinnen und Disponenten nur die Möglichkeit haben, einen Rettungswagen zu entsenden. „Wenn allerdings schon beim Anruf erkennbar ist, dass es sich um eine minderschwere Erkrankung oder eine Verletzung handelt, kann es nicht richtig sein, einen Rettungswagen – eine rollende Intensivstation! – zu entsenden. Hierfür benötigen wir niederschwellige Einsatzmittel wie beispielsweise den Gemeinde-Notfallsanitäter. Die Leitstellen müssen die Möglichkeit haben, passgenau auf eine Auswahl von verschiedenen Hilfesystemen zugreifen zu können“, so Schwarz. „Die Erfahrungen in den Modellregionen sind hierzu durchweg positiv. Daher sollte das Konzept der Gemeinde-Notfallsanitäter für Baden-Württemberg jetzt zügig in Baden-Württemberg umgesetzt werden.“ Außerdem ist dies eine Möglichkeit, das Berufsbild Notfallsanitäter attraktiver zu gestalten: „Die Weiterbildung zur Gemeindenotfallsanitäterin oder -sanitäter kann aus meiner Sicht dem Fachkräftemangel im Rettungsdienst entgegenwirken. Aktuell verlassen viele Notfallsanitäterinnen und -sanitäter bereits wenige Jahre nach ihrer Ausbildung den Rettungsdienst. Die Weiterbildung zur Gemeindenotfallsanitäterin oder –sanitäter bietet denjenigen eine Perspektive, denen Belastung im Rettungsdienst zu groß wird.”

Der Berichtsantrag und die Antwort der Landesregierung findet sich im Internet unter Drucksache 17 / 3723 (landtag-bw.de)