Der grüne Europa-Spitzenkandidat Sven Giegold spricht in Sulzfeld über das Thema Nachhaltigkeit
Begriff stammt aus der Forstwirtschaft
Sulzfeld. Nachhaltigkeit als neue wirtschaftliche Herausforderung annehmen und in der Industrie etablieren – darin sieht Sven Giegold, Europa-Spitzenkandidat der Grünen, eine große Chance, unseren Lebensstandard beibehalten zu können. Seinen Standpunkt stellte der Finanz- und wirtschaftspolitischer Sprecher der Grünen im Europaparlament bei einer Veranstaltung im Sulzfelder Bürgerbahnhof vor, zu der die Landtagsabgeordnete Andrea Schwarz zahlreiche Zuhörer begrüßte.
Der Begriff „Nachhaltigkeit“ sei heutzutage in aller Munde, werde von allen Politikern gerne gebraucht und den Wählern als „neue Entwicklung“ nahegebracht. Doch stamme dieser Begriff aus der Forstwirtschaft und sei schon im 18. Jahrhundert angewendet worden, so Schwarz. Man habe damals bereits festgestellt, dass man nicht nur Holz einschlagen könne, sondern auch nachhaltig für die Aufforstung sorgen müsse.
Genauso sieht es Giegold, der immer wieder darauf hinweist, dass „wir nicht über die Grenzen unseres Planeten gehen können“. Ziel müsse es sein, ein Wirtschaftssystem zu formen, das einen hohen Beschäftigungsgrad, Preisstabilität und ein außenwirtschaftliches Gleichgewicht der Staaten garantiert. Und dies sei nur über nachhaltiges Wirtschaften möglich. Er zeigte dies sehr eindrucksvoll an der Automobil – und Chemiebranche auf. So wäre es „falsch, immer wieder die CO2-Werte der Autos so anzupassen, dass die Branche genauso wie in den vergangenen Jahren weiter produzieren kann“. Dadurch würden Innovationen verhindert und letztendlich seien dann auch diese Arbeitsplätze nicht mehr sicher. Sinnvoll wäre es, vom kurzfristigen Gewinnstreben der Großkonzerne abzukommen und die jetzt gemachten Gewinne in neue Techniken zu investieren. Wenn dies nicht geschehe, werde Deutschland seinen sehr guten Weltwirtschaftsplatz verlieren an andere Nationen. Giegold griff hier das Beispiel der Elektroautos auf.
Der Europaparlamentarier zeigte auch auf, das „wir lernen müssen, mit dem zu leben, was die Natur uns gibt“. So müssten die Industriestaaten weg vom Öl und schnellstmöglich hin zu alternativen Energien kommen. Viele Branchen müssten, um die Natur nicht noch mehr zu belasten, ihre Produktionsweisen ändern und die alten Technologien erneuern. Die Chemie-Branche sollte auf nachhaltige Stoffe zurückgreifen und ihre Produktions- Systeme umstellen. So könnten auch diese Arbeitsplätze erhalten werden.
Der deutsche Staat und das Europaparlament müssten dafür die gesetzlichen Grundlagen schaffen und Steuerschlupflöcher schließen, um mit diesem Geld Investitionen zu ermöglichen. Außerdem habe der Staat die Aufgabe, die Kluft zwischen Arm und Reich zu minimieren. „Europa muss ein hohes Maß an Wohlstand und nachhaltiges Wirtschaften anstreben, aber nicht auf Kosten anderer“, so Giegold.
Klimaziele müssten für alle gleich sein und es sollte keine Diskussion über Emissions-Senkungen oder -Steigerungen mehr geben. Ziel müsse sein, dass die Wirtschaft wieder in Neuerungen mehr investiere als in den vergangenen Jahren, um letztendlich die Arbeitsplätze zu sichern.
Eine rege Diskussion entwickelte sich über die Themen „Brexit“ und „Verschuldung der Staaten“ wie Italien und Griechenland. Zum Ende wies Sven Giegold auf die Wichtigkeit der Europawahl hin. Nur bei einer hohen Wahlbeteiligung könnten Rechts- und Linkspopulisten verhindert werden.
Quelle: Badische Neueste Nachrichten | Brettener Nachrichten | BRETTEN | 15.12.2018 | Autorin: Waltraud Schellenberger-Hagenbucher